KI ist auch ein Thema für den Betriebsrat
Bericht vom Treffen der mbuf Gruppe Betriebsrat am 17.10.2024 bei der Hansgrohe SE
Das Oktober-Treffen der mbuf Gruppe Betriebsrat führte die Teilnehmer in den südlichen Schwarzwald zu Gastgeber Hansgrohe Group, einem bekannten Global Player der Bad- und Küchenbranche mit über 30 Konzerngesellschaften weltweit. Matthias Ratz, int. IT Coordination, Mitglied des Info- und Datenschutzausschusses (DAS) und Vorsitzender des Betriebsrates der Hansgrohe SE, begrüßte über 20 Betriebsräte aus den mbuf Mitgliedsunternehmen und gab einen kurzen Überblick über den Umgang des eigenen Betriebsrats mit den neuen Möglichkeiten der KI. Nach umfangreichen Gesprächen ist seit September 2024 bei Hansgrohe eine Betriebsvereinbarung (BV) zum Umgang mit KI in Kraft.
Welche KI-Komponenten bei Hansgrohe wie im Einsatz sind, verdeutlichten zwei Erfahrungsberichte, die gleich zu Anfang auf der Agenda des Treffens standen.
Uschi Günter, Product Ownerin M365 bei der Hansgrohe SE, berichtete über den Einsatz von Copilot für M365 im Unternehmen. Über dreihundert Lizenzen dieses KI-Tools sind im Einsatz und eine Nutzungsquote von circa 80 Prozent zeigt, dass der Copilot im „daily business“ angekommen ist. Interessant auch diese Einschätzung: Der Effizienzgewinn ist höher als die Belastung durch die Lizenzkosten. Man rechnet pro Mitarbeiter:in mit rund 45 Minuten Zeitersparnis pro Woche, was etwa drei Stunden pro Monat entsprechen würde – und das bei Lizenzkosten von 30 US-Dollar pro Monat. Natürlich stellt sich hierbei immer die Frage der Messbarkeit. Der Copilot wird in dieser Anwendungsumgebung zum Beispiel genutzt für die Bearbeitung von E-Mails, für die Vor- und Nachbereitung von Meetings, als Übersetzungstool, zur Erstellung von FAQ’s oder für die Erstellung komplexer Formeln in Excel.
Anton Dubs, Team Lead Connected Products & Emerging Technologies bei der Hansgrohe Group, stellte in einem zweiten Beitrag HansAI vor, eine komplett inhouse entwickelte KI-Lösung, die ausschließlich innerhalb des Hansgrohe Netzwerkes nutzbar ist. Ziel von HansAI ist es, durch die Bereitstellung von eigenen KI-Ressourcen dem Abfluss von Informationen nach außen vorzubeugen, gleichzeitig aber interne Informationen von Hansgrohe mit außerhalb frei verfügbarem Wissen zu verknüpfen. HansAI bietet eine chatbasierte Kommunikationslösung, hilft bei der Suche nach Informationen und funktioniert als Übersetzer. Schon jetzt verfügt HansAI über eine Sprachsteuerung. Eine optische Schnittstelle („HansAI lernt sehen“) ist in der Entwicklung. Die Anwendung wurde inzwischen auf alle Desktops verteilt und an die 3.000 Nutzer arbeiten derzeit aktiv mit HansAI.
Als nächstes widmete man sich den neuen Features in Microsoft Teams. Andreas Urbenz, Vorsitzender des Konzern-BR bei X-FAB und einer der Leiter der mbuf Gruppe Betriebsrat, hatte hierzu einen Vortrag vorbereitet. Teams ist zum Beispiel künftig in der Lage, Teilnehmende an Teams Sitzungen durch ihre Stimmprofile und über Gesichtserkennung zu identifizieren. Auf diese Weise können unter anderem automatisiert Teilnehmerlisten erzeugt werden. Viele dieser neuen Features werden automatisch ausgerollt und sind standardmäßig aktiviert. Betriebsräte stehen hier vor einer besonderen Herausforderung, denn die Nutzung solcher Features kann Mitbestimmungsrechte tangieren und gegebenenfalls die Ergänzung, Änderung oder gar Neufassung von bestehenden Betriebsvereinbarungen (BV) erforderlich machen. Dabei geht es nicht nur um Datenschutzthemen im Sinne der DSGVO (eigentlich kein Kernthema des BR), sondern auch um die Frage, inwieweit diese KI-Unterstützung der Leistungskontrolle dienen kann. Und es stellt sich die Frage, welche Log-Files wie lange und wo gespeichert werden und wer darauf Zugriff hat. Man war sich einig, dass der BR all diese Fragen nur in enger Zusammenarbeit mit der Unternehmens-IT bewerten kann. An Microsoft geht die Aufforderung, höchstmögliche Transparenz zu schaffen und neue Features nur deaktiviert auszurollen. Letztlich aber ist eine unternehmensspezifische Betrachtung unumgänglich – eine generelle Blaupause für alle Unternehmen wird es nicht geben können.
Matthias Ullrich, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender der ANDREAS STIHL AG & Co. KG und ebenfalls Leiter der Gruppe Betriebsrat, ging in einem weiteren Beitrag darauf ein, was man bei der Konversion von Büroflächen in Richtung Desksharing zu beachten hat. Beim Desksharing gibt es keine fest zugeordneten Büroarbeitsplätze mehr. Die Mitarbeitenden müssen sich bei Bedarf über ein Reservierungssystem jeweils auf einen Arbeitsplatz einbuchen, die restliche Arbeitszeit wird im Home-Office oder von unterwegs aus geleistet. Meist tauchen in den Vereinbarungen zu solchen Arbeitsformen Heimarbeitsplätze als „mobile Arbeitsplätze“ auf. Dadurch gelingt es dem Arbeitgeber, rechtliche Vorgaben wie beispielsweise die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) zu umgehen. Eine gute Zusammenfassung hierzu findet man hier. Dem BR kommt die wichtige Aufgabe, hier mit dem Arbeitgeber zu klaren Absprachen zu kommen (idealerweise Abschluss einer entsprechenden BV).
Last but not least stellte Diana Reichel-Maxwitat, Head of Technical Sales Security, Compliance, Identity & Cloud Endpoint bei Microsoft Deutschland, anhand etlicher Folien dar, wie ernst Microsoft die Beachtung des EU AI Act bereits bei der Entwicklung von neuen Produkten und Features nimmt. Sie forderte abschließend explizit dazu auf, Microsoft im Falle etwaiger Diskussionen in den Unternehmen im Bezug auf Softwareeinsatz und EU AI Act mit ins Boot zu holen.
Es ist angedacht, eine Art „Muster-Betriebsvereinbarung (BV) zum Einsatz von KI“ in der mbuf Gruppe Betriebsrat zu erarbeiten. Auch hierzu hat Microsoft die Unterstützung zugesagt. Inwieweit eine solche „Blaupause“ überhaupt erstellt werden kann, ist dabei durchaus mit ein paar Fragezeichen zu versehen. Die Anwendungsszenarien sind in den einzelnen Unternehmen sehr unterschiedlich und auch die Unternehmenskulturen unterscheiden sich. Um sich hierzu in einem größeren Kreis auszutauschen, ist zu diesem Thema am 24. Januar 2025 eine mbuf digital lounge angedacht.
Das durchweg sehr informative Treffen endete mit einem Rundgang in der Hansgrohe Erlebniswelt, einer Ausstellung von Hansgrohe Lösungen für Bad und Küche, in der man in der Showerworld nach Vereinbarung sogar verschiedene Duschen selber live testen kann.
Die mbuf Gruppe Betriebsrat steht weiteren interessierten Betriebsräten offen. Bei Interesse gerne unter info@mbuf.de an die Geschäftsstelle wenden.
Karl Gerd Zimmermann