Business Process Management: Aus der IT heraus betreiben oder in separate Organisationseinheit verlagern?
Die mbuf Gruppe CIO-Kreis war am 8. Mai zu Gast bei Rödl & Partner, 1977 als Prüfungs- und Beratungsgesellschaft in Nürnberg gegründet und inzwischen mit rund 6.000 Mitarbeitenden in über 100 eigenen Standorten in 50 Ländern international vertreten. Den mbuf Mitgliedsunternehmen ist der Gastgeber vorwiegend aus dem Themenfeld IT-Beratung bekannt, aber das Unternehmen betreibt auch selbst in großem Ausmaß eine eigene IT-Infrastruktur.
Nach der Begrüßung durch Dr. Bernd Süßmann, CIO bei Rödl & Partner, wandte man sich dem ersten Thema auf der Agenda zu: dem Business Process Management (BPM).
Maik Schulz, Vice President BPM & IT Application Management bei der NORMA Group, erläuterte, wie sein Unternehmen in Sachen BPM aufgestellt ist. Bei NORMA widmet sich eine eigen-ständige Gruppe dem Thema BPM. Im Kontext mit BPM kennt man bei NORMA 3 Rollen:
- Process Owner: Hierarchisch außerhalb der BPM Gruppe, aber in enger Abstimmung mit dem Process Manager
- Process Manager: Zusammenarbeit mit anderen Process Managern, um Silodenken zu überwinden. Enge Abstimmung im Hinblick auf die IT Prozesse und vorhandene IT Lösungen, um nah am Standard zu bleiben.
- Rollout Managers: Steuern das Rollout und den Change-Prozess. Unterstützen die Fachabteilungen bei der Umsetzung der vorgegebenen Prozesse.
Durch dieses Rollenmodell soll sichergestellt werden, dass zum einen BPM als ein eigenständiges Aufgabengebiet eine wichtige Rolle spielen kann, aber zum anderen der IT der notwendige Einfluss gesichert bleibt. Bei Norma spiegelt sich das allein schon durch die Abteilungsbezeichnung “IT & BPM” wider. Man sieht in dieser Aufbau-Organisation den Vorteil, dass die mit diesem Thema befassten IT-Mitarbeitenden aus Sicht der Fachabteilung als „neutrale Externe“ wahrgenommen werden. Wert wird aber auf eine enge Abstimmung mit den Fachabteilungen gelegt. Man ist überzeugt, dass nur so wirkliche Verbesserungen von Prozessen erreicht werden können.
Aus dem Kreis der Teilnehmer kam die Frage, inwieweit die KeyUser schon früh in die Prozessgestaltung eingebunden werden sollen. Hier gibt es zwei gegensätzliche Meinungsbilder: Für eine frühe Einbindung spricht, dass die KeyUser über ein umfangreiches Insiderwissen in Bezug auf die bestehenden Abläufe und auf mögliche Schwachstellen verfügen. Gegen eine frühe Einbindung spricht, dass die KeyUser oft dazu tendieren, die bestehenden Prozesse im Grundsatz nicht zu verändern (Bestandswahrung), und ihnen teilweise der übergeordnete Blick auf die gesamte Prozesswelt fehlt. Es wird also unter dem Strich darum gehen, das Detailwissen der KeyUser bei der Prozessgestaltung aufzusaugen, gleichzeitig jedoch die Eigenständigkeit und Entscheidungsfreiheit der BPM-Verantwortlichen sicherzustellen.
In einem weiteren Slot gewährte Dr. Süßmann einen Einblick in die IT-Strukturen von Rödl & Partner, insbesondere auch im Hinblick auf die Nutzung von AI. Dabei gelten natürlich auch für Rödl & Partner selbst die Grundsätze, die in einem Faktenbuch veröffentlicht wurden. Die Nutzung von IT ist bei Rödl & Partner stark geprägt von Security- und Compliance-Aspekten, da das Beratungsunternehmen nicht nur eigene, sondern auch Kundendaten (bis hin zum Business Process Outsourcing) verarbeitet. Dies ist auch der Grund dafür, dass an dieser Stelle nicht ausführlicher über den angeregten Austausch zu diesem Teil der Veranstaltung unter den Teilnehmer:innen berichtet werden kann.
Ein fester Bestandteil aller CIO-Kreis-Treffen ist der „CIO EE“, der sogenannte CIO Erfahrungs-Exchange. Hier geht es darum, in einer lockeren Q&A-Runde tagesaktuelle Fragestellungen aus dem „daily business“ der Mitgliedsunternehmen aufzugreifen und in dieser Runde der IT-Verantwortlichen zu diskutieren. Dieser offene, aber immer auch vertrauliche Austausch wertvoller Erfahrungen und Best Practises ist einer der Key Assets der mbuf Community.
Diesmal kam insbesondere noch einmal das Thema Business Process Management zur Sprache. Dass BPM zunehmend an Wichtigkeit gewinnt, mag dem Umstand geschuldet sein, dass die fortschreitende Digitalisierung und der Einsatz von KI zweifelsfrei zu veränderten Prozessen führen muss. Wie kann man Prozesse erfolgreich verändern, wer ist bei diesem Veränderungsprozess der Treiber, welche Rolle spielt die IT und kann es gelingen, die betroffene Belegschaft „mitzunehmen“?
Als vorherrschende Meinung kristallisierte sich heraus, dass BPM eine Teilaufgabe der IT sei. Begründet wurde dies damit, dass a) die IT den umfassendsten Gesamtblick auf die Prozesse und die dahinterliegenden Datenmodelle habe und b) die meisten Prozesse nunmal IT-gestützt ablaufen. Jedoch gäbe es auch Fälle, in denen die IT außen vor sein könnte – nämlich immer dann, wenn es um rein fachabteilungsinterne, organisatorische Fragestellungen ohne Auswirkung auf externe Schnittstellen gehe.
Wichtig sei es auf alle Fälle, bei allen Prozessentscheidungen bereits vor der eigentlichen Umsetzung die Beweggründe für Veränderungen transparent zu kommunizieren. Wird dieses Verständnis rechtzeitig geweckt, gelingt es leichter, die betroffene Belegschaft für den Changeprozess zu gewinnen. Letztlich sollte man auch die Arbeitnehmervertretung rechtzeitig einbinden, denn Veränderungen in den Prozessen können Mitbestimmungsrechte nach BetrVG tangieren.
Die Zielgruppe CIO-Kreis ermöglicht es, auf Entscheiderebene in einem vertraulichen Umfeld Informationen auszutauschen. Dies passiert bei persönlichen Treffen, bei online Veranstaltungen, aber auch in dem zugriffsgeschützten Teams. Das nächste Präsenztreffen ist für den 5. November 2025 vorgesehen – Tagungsort wird Stuttgart sein. Weitere IT-Entscheidungsträger sind gerne willkommen. Bei Interesse bitte bei der mbuf Geschäftsstelle melden (info@mbuf.de).