Berichte aus der Arbeitsgruppe

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Warum Microsoft Copilot ein Thema für den Betriebsrat sein kann – oder sogar muss?

Bericht zum AG Treffen der mbuf Arbeitsgruppe Betriebsrat am 13.03.2024

Die Aufgaben des Betriebsrates sind im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) genau umschrieben. Wesentlicher Kern dieser Aufgaben ist es, die Mitsprache im Sinne der Mitbestimmungsrechte sicherzustellen, die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen und die Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten. Im Hinblick auf die Anwendung von Informationstechnologie spielen insbesondere der §87 (1) und hier die Nummern 6 und 10 sowie der §90 (1) Nummer 3 eine wichtige Rolle:
Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
      • 87 (1) Nr. 6 – Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen
      • 87 (1) Nr. 10 – Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird
 Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Planung
      • 90 (1) Nr. 3 – von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen einschließlich des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz
rechtzeitig unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten.
Jegliche IT-Systeme sammeln Daten, die eine Verhaltens- oder Leistungsüberwachung potentiell ermöglichen (z.B. Log-Dateien). Dabei spielt es nach gängiger Rechtsprechung keine Rolle, ob der Arbeitgeber tatsächlich eine solche Überwachung anstrebt oder durchführt. Allein die Möglichkeit an sich löst Mitbestimmungsrechte aus.
Die mbuf Arbeitsgruppe Betriebsrat traf sich im März beim Unternehmen STIHL AG in Waiblingen, um sich darüber auszutauschen, wie man als Betriebsrat die Einführung des Microsoft KI-Tools Copilot proaktiv begleiten kann. Unstrittig war dabei, dass die Nutzung des Copilot in einer Betriebsvereinbarung (BV) zu regeln sei.
Doch was ist dieser Copilot eigentlich? Die auf ChatGPT von OpenAI und Bing Chat basierende KI-Unterstützung von Microsoft gibt es derzeit zum einen für die M365 Anwendungsumgebung (im Wesentlichen Office-Anwendungen plus Teams und OneDrive) sowie den Edge Browser und zum anderen auch für die Dynamics ERP- und CRM-Umgebungen, für Azure Cloudanwendungen oder für die Defender Security Anwendungen.
Und wenn man sich zum Beispiel vorstellt, dass mit Hilfe des Copilot aus einem Word Dokument weitestgehend automatisiert ein PowerPoint Foliensatz erstellt werden kann, wird schnell klar, dass die Möglichkeiten der KI die Prozesse und Aufgaben in den Unternehmen verändern kann.
Große Herausforderung für die Betriebsräte: Die Leistungsfähigkeit von IT-Lösungen entwickelt sich in einem rasanten Tempo. Ständig neue Features durch fortlaufende Updates (Evergreen Ansatz), ständig wachsende Integration der einzelnen Tools, fortschreitende Transformation in die Cloud. Hinzu kommt, dass sich die Arbeitsumgebungen an sich permanent verändern (Stichworte HomeOffice oder New Work).
Matthias Ratz, IT Koordinator bei der Hansgrohe Group in Schiltach, konnte berichten, dass man bei ihnen im Unternehmen daher eine Betriebsvereinbarung geschlossen habe, die eher einer Rahmenvereinbarung nahekommt. Die ständigen Veränderungen in den Anwendungslandschaften versucht man abzubilden, indem ein regelmäßig tagendes Gremium die Änderungen bewertet und bei Bedarf entsprechende Ergänzungen bzw. Zusätze zur bestehenden BV formuliert und aushandelt.
Zweifelsfrei wichtig ist hierbei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der IT und dem Betriebsrat. Die Zeiten, in denen die IT den BR nur als Bremser und Verhinderer sahen und der BR der IT grundsätzlich mal ein Ausspionieren der Arbeitnehmer im Auftrag der Arbeitgeber unterstellte, sollten endlich hinter uns liegen.
Dies betonte auch Nele Hartwig, IT-Koordinatorin des Konzernbetriebsrates bei der Continental AG Hannover, in ihrem Beitrag. Wichtig sei es, dass die IT den Betriebsrat frühzeitig ins Boot hole. Denn wenn neue Tools oder neue Features bei bereits eingesetzten Tools einfach ausgerollt würden und erst dann der BR darauf reagieren könne, seien Konflikte vorprogrammiert. Durch eine offene Kommunikation gegenseitiges Vertrauen schaffen – das müsse im Fokus stehen. Gegenstand dieser Kommunikation muss immer auch sein, verständlich zu machen, welche Möglichkeiten ein neues Tool oder ein neues Feature eröffnen und welche Ziele ein Unternehmen mit der Einführung erreichen möchte. Dem Betriebsrat obliegt es, seine Ängste und Bedenken offen dazulegen.
Die STIHL AG möchte demnächst den Copilot for Security testen. Diana Reichel-Maxwitat, Head of Technical Sales Security, Compliance, Identity & Cloud Endpoint und Betriebsrätin bei der Microsoft Deutschland GmbH, konnte hierzu die gute Nachricht überbringen, dass diese KI-Unterstützung für die Microsoft Defender Umgebung ab sofort kostenfrei getestet werden kann. Inwieweit der Copilot for Security bei der bislang zeitaufwendigen „händischen“ Auswertung von Logs und bei der Automatisierung von notwendigen Security-Aktionen (z.B. Warnung von Nutzergruppen, Sperrung von Zugriffsrechten, Deaktivierung von Endgeräten) unterstützen kann, muss sich erst zeigen. KI basiert bekanntermaßen immer auf bereits vorhandenen Daten und einem Lernprozess beim Auswerten dieser Informationen. Wer ChatGPT schon mal eingehend getestet hat, der weiß, dass nicht alle Ergebnisse der KI faktisch richtig sein müssen. „KI ist nach wie vor eher ein Wahrscheinlichkeitsmodell“, merkt dazu Thomas Dankert von der STIHL AG an. Nicht wegzudiskutieren ist aber, dass auch in diesem Anwendungsfeld die KI die Arbeitswelt verändern wird.
Diana Reichel-Maxwitat berichtete in ihrem Beitrag über die den Microsoft-internen Einsatz von Microsoft Viva, der Employee Experience Platform (EXP) von Microsoft mit den Kernmodulen Connections, Goals, Insights, Learning und Topics (mehr über Viva zum Beispiel hier). Selbstredend unterliegt der Einsatz von Microsoft Viva der Mitbestimmung durch den Betriebsrat – auch der Microsoft BR hat hierzu eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Zu den einzelnen Viva Modulen konnte Diana Reichel-Maxwitat bei Microsoft speziell als Betriebsrats-Info erstellte OnePager an die Teilnehmer weitergeben, was die Gespräche zwischen BR und Arbeitgeber sehr erleichtern könnte.
Fazit und Aussicht…
Die KI wird die Arbeitswelt verändern und verändert sie schon jetzt. Das ist unter Experten unstrittig. Die Veränderungen erfolgen in hohem Tempo und dynamisch (Evergreen Ansatz). Diese Veränderungen erfordern in vielen Bereichen die Mitwirkung des Betriebsrates. Um so wichtiger wird ein ständiger Austausch zwischen der IT und dem BR auf Augenhöhe – und das sinnvollerweise proaktiv und bereits in der Projektphase, also vor dem Ausrollen neuer Lösungen und Features.
Das nächste Treffen dieser Arbeitsgruppe wird Oktober bei der Hansgrohe Group stattfinden. Weitere Betriebsräte aus den mbuf Mitgliedsunternehmen sind herzlich willkommen. Hierzu einfach Kontakt mit der mbuf Geschäftsstelle aufnehmen. Karl Gerd Zimmermann