Ralph Löffler

Lange schon kämpfen unternehmensinterne IT-Abteilungen mit der Entstehung von Schatten-ITs. Warum entstehen diese Schatten-ITs überhaupt? Die Ressourcen unternehmensinterner IT-Abteilungen sind in der Regel mehr als ausgelastet und in Zeiten von Fachkräftemangel ist es kein Leichtes, anderweitig Wege zur Atmungsfähigkeit der eigenen IT zu entwickeln. Doch der Anwender möchte nicht immer von der Abteilung vertröstet werden, sondern sein Vorhaben gerne zeitnah umsetzen.

Microsoft bietet mit seiner Power Platform umfangreiche Möglichkeiten für ein Citizen Development[1], bei dem eine Vielzahl von Funktionen bereits vollständig mit der E3 Lizenz zur Verfügung stehen. Das erscheint in dem eingangs skizzierten Kontext auf den ersten Blick wie eine Erlösung und bieten der IT die Option, dem Anwender in einer standardisierten Umgebung freie Hand zu lassen. In der Praxis gilt es allerdings, das Bild ein wenig differenzierter zu betrachten: Sollte die IT den Anwendern hier Tür und Tor öffnen oder führt das früher oder später zu irreparablen Problemen, was die unternehmensinternen IT-Standards angeht? Kommt der Citizen Developer tatsächlich immer ohne Unterstützung der IT klar oder können Komplexitätsgrade erreicht werden, wo die Fähigkeiten des Citizen Developers an ihre Grenzen stoßen? Wer berät den Anwender, wenn es dazu kommt? Abteilungen, die die Microsoft Landschaft betreuen, sehen sich nach der Einführung von Office 365 mit einer völlig neuen Situation konfrontiert. Waren bisher die System-Administratoren in der Lage Service und Betrieb für die Microsoft-Systeme bereitzustellen, so braucht es jetzt Change-Manager, Consultants und Business-Partner. Mitarbeiter lassen sich nicht von heute auf morgen zu so einer neuen Aufgabe weiterentwickeln, gegebenenfalls gelingt es auch gar nicht. Zudem ist nicht jedes Unternehmen finanziell in der Lage hierfür kurzfristig Ressourcen in geeigneter Dimension aufzubauen.

Die Unternehmensgruppe fischer berichtet von folgenden Erfahrungen: Sie sind bereits sehr früh 2019 mit einer für die Anwender offenen Power Platform gestartet. Das heißt, es gab keinerlei Reglementierungen und Einschränkungen. In der Vorreiterrolle der IT haben sie ihren Projektantragsprozess digitalisiert und selbst festgestellt, welches Komplexitätsniveau auch in der standardisierten Umgebung einer Power Platform erreicht werden kann. Die Nutzung der Power Platform hat dort mittlerweile eine sehr hohe Eigendynamik erreicht. In der Wahrnehmung von Vorstandsmitglied Ralph Löffler, Leiter IT-Infrastruktur bei fischer, ist gar ein gewisser „tipping point“ im positiven Sinne erreicht, bei dem die Vorteile für den Fachbereich gegenüber den Nachteilen überwiegen. Er leitet diese Erkenntnis aus Vorträgen an Ihren fPS-Freitagen ab, einem Format, bei dem sich die fischer Fachbereiche gegenseitig Verbesserungen aus den eigenen Bereichen vorstellen. Hier ist mittlerweile fast jeden Freitag ein Thema dabei, das sich auf Entwicklungen mit der Power Platform gründet. Dennoch steht auch fischer weiterhin vor Herausforderungen, wie beispielsweise der notwendigen Anwenderberatung zu hohem Komplexitätsgrad. Hier stellen sie fest, dass sich Fachbereiche dann eigene externe Berater suchen, um voranzukommen, wenn die IT keine Zeit für die Unterstützung hat. Welche externe IT-Partner eingesetzt werden, sollte jedoch in der Hoheit der Fachabteilung bleiben. Die entscheidende Frage ist also, wie viel Freiheit darf die IT den Anwendern bei der Nutzung der MS Power Tools einräumen und wo ist der Punkt erreicht, wo die Vorhaben wieder zurück in die IT müssen, weil sie zum Beispiel eines dauerhaften Supports bedürfen, der in der Fachabteilung einfach nicht geleistet werden kann.

Wie sind Ihre Erfahrungen hinsichtlich dieses Themas? Ich möchte Sie gerne dazu einladen über folgende kurze Umfrage Ihre Erfahrungen mit uns zu teilen. Vielleicht gelingt es uns als mbuf gemeinsam mit Microsoft Lösungsansätze für die Problemstellungen im Rahmen dieses Sachverhalts zu entwickeln.

[1] Ein Citizen Developer ist ein Endbenutzer, der neue Anwendungen, Programme oder Systeme erstellt, indem er Entwicklungsumgebungen verwendet, die ihm von der Unternehmens-IT zur Verfügung gestellt werden. Doch allgemein betrachtet ist ein Citizen Developer kein professioneller Programmierer, sondern ein Nutzer, der technisches Verständnis besitzt, um die an ihn geforderten Anforderungen zu lösen.