Stuttgart, 9. Mai 2011 – In einem Interview mit dem Infomarkt nimmt der neue mbuf Geschäftsführer Thomas Hemmerling-Böhmer Stellung zu der Entwicklung des Microsoft Business User Forums, dem Verhältnis zu Microsoft und brennenden Themen wie Lizenzierung.

INFOMARKT: Herr Hemmerling-Böhmer, mbuf richtet in Kürze seinen dritten Jahreskongress aus. Wie lauten Ihre Forderungen an das Management von Microsoft Deutschland?

Hemmerling-Böhmer: Microsoft muss sein Beratungsangebot verbessern. Bislang wird das vor allem über Partner abgedeckt, es sollte aber mehr von Microsoft selbst kommen. Wenn man bedenkt, wie groß das Portfolio des Unternehmens mittlerweile ist und damit die Abhängigkeiten der einzelnen Komponenten voneinander, dann unternimmt Microsoft von sich aus nach wie vor zu wenig. Ein weiteres Thema ist das Personal. Viele junge Leute zu beschäftigen ist sicherlich ein guter Weg für Microsoft. Aber diesen jungen Mitarbeitern fehlt oft der Einblick, welche prozessualen Anforderungen bei den Anwenderfirmen tatsächlich anstehen.

INFOMARKT: Was passiert, wenn sich daran nichts ändert?

Hemmerling-Böhmer: Das Microsoft-Portfolio wird dann weiterhin lediglich als Kostenfaktor wahrgenommen und nur bruchstückhaft eingesetzt. Bei vielen Anwendern steht Microsoft heute immer noch vor allem für die Themen Windows und Office. Was Microsoft darüber hinaus für das Backoffice anbietet, ist oft unbekannt.

„Aufstand der Anwender?“

INFOMARKT: Droht mbuf mit einem Aufstand der Anwender, so wie ihn die Deutschsprachige SAP Anwendergruppe (DSAG) einst gegen SAP organisierte?

Hemmerling-Böhmer: Sicherlich nicht, dafür gibt es keinen Grund. Dafür unterscheiden sich die Situationen zu sehr. SAP ist ein Thema im Rechenzentrum und wird in der Regel zentralisiert gefahren, so dass die Kostensituation bekannt ist. Microsoft dagegen hat ein sehr zersplittertes Produktportfolio, vom Office über das Thema Security bis hin zu den Business Solutions und Microsoft Dynamics. Und darin stecken dann wieder verschiedene Optionen wie beispielsweise Navision oder Axapta. Die Community der Microsoft-Anwender ist daher heterogener als die von SAP. Das macht es so schwierig, sie zu steuern und sie zu einer schlagkräftigen Organisation zu formen, die ein einheitliches Ziel verfolgt.

INFOMARKT: Thematisch setzt Microsoft momentan alles auf die Cloud. Wie bewerten Sie die entsprechende Strategie?

Hemmerling-Böhmer: Microsoft war nie der erste Anbieter, der ein Thema besetzt hat. Aber das Unternehmen hat es immer verstanden, sich dort, wo man Geld verdienen kann, zu etablieren und die Dinge dann besser zu machen als die Pioniere. Mit der Cloud wird es ähnlich sein. Das Unternehmen hat sehr lange auf seiner clientbasierten Software geruht, dann aber gewaltig in Rechenzentrumstechnologien wie beispielsweise Azure investiert. Wir als mbuf sehen das absolut positiv, weil das der richtige Weg ist. Spannend wird allerdings die Frage, wie Microsoft in diesem Zusammenhang mit Lizenzthemen umgehen wird und seinen Kunden hilft, Legacy-Installationen sowie interne und externe Cloud-Anwendungen zu verbinden. Denn die meisten Unternehmen werden wohl auch künftig bestimmte Anwendungen immer im eigenen Haus behalten wollen.

INFOMARKT: Das hört sich nicht danach an, als ob Sie schon viel Erfahrung mit den Cloud-Anwendungen gemacht haben?

Hemmerling-Böhmer: Nein, haben wir auch nicht. Aber diese Erfahrungen hat auch Microsoft nicht gemacht. Es gibt zwar einige Anbieter, die schon sehr weit damit sind, wie zum Beispiel Salesforce.com. Aber insgesamt beginnt der Markt gerade erst zu reifen. Das gilt auch für die Anwender. Auf unserem Kongress werden aber auch die ersten erfolgreichen Cloud-Projekte auf Microsoft-Basis vorgestellt.

INFOMARKT: Müsste Microsoft denn jenseits aller praktischen Probleme nicht zumindest in formalen Dingen, etwa in der Frage, ob und wie Cloud-Lizenzen auf Volumen-Lizenzverträge angerechnet werden, klare Vorgaben machen?

„Microsoft sollte sich bemühen, den Kunden das Leben einfacher zu machen und seine Lizenzpolitik drastisch vereinfachen.“

Hemmerling-Böhmer: Was heißt Vorgaben? Microsoft ist der Hersteller von Software und hat ein klares betriebswirtschaftliches Interesse. Vorgaben genereller Art kann so ein Anbieter nicht machen. Er sollte sich aber bemühen, den Kunden das Leben einfacher zu machen und bspw. seine Lizenzpolitik drastisch vereinfachen. Aber das sind Dinge, die uns ewig beschäftigen werden. Nehmen Sie das Beispiel Navision. Nach der Übernahme durch Microsoft ließen sich die Navision-Lizenzen jahrelang nicht in ein Enterprise-Agreement integrieren, weil es komplett anderes lizenziert wurde. Ich erwarte, dass dies so ähnlich jetzt auch mit den Cloud-Lizenzen ablaufen wird. Weil die Anwender kein Interesse haben, doppelt zu bezahlen, haben wir in unserer Arbeitsgruppe „Lizenzen“ begonnen, darüber intensiv mit Microsoft sprechen. Das Thema muss rasch geklärt werden.

INFOMARKT: Wie bewerten Sie die Leistungen des deutschen Managements?

Hemmerling-Böhmer: Mit der Berufung von Achim Berg zum Chef von Microsoft Deutschland hat es 2006 einen positiven Bruch gegeben. Er hat die Microsoft-Organisation verändert, weil er als offener und strategisch denkender Manager den Kontakt zu uns gesucht hat. Beispielswiese sorgte er damals dafür, dass sich jede mbuf Arbeitsgruppe direkt an die Geschäftsführung wenden konnte.

„Ralph Haupter agiert sehr, sehr offen.“

Sein Nachfolger Ralph Haupter hat diese Tradition von Achim Berg übernommen. Auch er agiert sehr, sehr offen. Schade ist nur, dass die guten Leute immer so schnell, was ja gut für sie selbst ist, weitere Karrieresprünge machen und dadurch uns deutschen Anwendern nicht mehr als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Das war nicht nur bei Achim Berg der Fall, sondern auch bei Robert Helgerth, der in die Europa-Organisation wechselte oder bei Marcel Schneider, der zu Fujitsu geht.

INFOMARKT: Wenn man sich die mbuf Berichterstattung der letzten Jahre betrachtet, dann scheint die Aufmerksamkeit von Microsoft gegenüber dem mbuf nachgelassen zu haben.

Hemmerling-Böhmer: Das täuscht. Die Aufmerksamkeit ist da. Nur die Berichterstattung nicht. Das hat mit unseren internen Strukturen zu tun. Wir haben uns als Organisation in den vergangenen Jahren kräftig weiter entwickelt. Allerdings ist mbuf eine Organisation von Entscheidern, mit der Folge, dass auch im Vorstand hochrangige IT-Verantwortliche sitzen, die wenig Zeit haben und viele Dinge, die sie sich vorgenommen haben, deshalb nicht umsetzen konnten. Wir haben uns im vergangenen Jahr daher dazu entschlossen, das operative Geschäft, und auch die ganze Öffentlichkeitsarbeit in die Hände eines Geschäftsführers zu legen, um endlich die Dinge zu tun, die leider in den letzten Jahren liegen geblieben sind.

INFOMARKT: Ist es Zufall, dass ausgerechnet Sie als Gründer und ehemaliger Vorstandssprecher des mbuf diesen Geschäftsführerposten übernommen haben?

Hemmerling-Böhmer: Gemäß Satzung darf man nur im Vorstand sein, wenn man Mitarbeiter eines Mitgliedsunternehmens ist. Da ich im November 2010 aber meinen bisherigen Arbeitgeber verlassen habe, musste ich auch mein Amt als Sprecher des Vorstands niederlegen. Die Einrichtung des Geschäftsführerpostens war zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossene Sache gewesen. Ich habe ihn ehrenamtlich übernommen. Unabhängig von meiner Person wird er aber eine dauerhafte Einrichtung bleiben.

INFOMARKT: Was haben Sie sich konkret vorgenommen? Auf der mbuf Webseite zählt man lediglich 85 Mitgliedsunternehmen. Zum Vergleich: Die DSAG hat mehrere tausend Mitglieder. Diese Bilanz muss Sie zehn Jahre nach der Gründung doch sicherlich enttäuschen.

Hemmerling-Böhmer: Eine kleine Korrektur: mbuf wird im Juli sieben Jahre alt, wir haben uns im Jahre 2004 gegründet. Damals dachten wir noch, die Leute würden uns das Haus einrennen, weil endlich neben SAP auch die andere unternehmenskritische Plattform Microsoft durch eine Anwender-Community vertreten wurde. Wir hatten uns auf hunderte, vielleicht sogar tausende Mitglieder eingestellt und die gesamte Organisation bereits in Nord-, Süd- und West-Guppen unterteilt.

Die Realität sah dann allerdings anders aus, denn die Bereitschaft der Unternehmen, einen Jahresbeitrag von 1.750 Euro zu bezahlen und ihre Mitarbeiter zu den Arbeitsgruppen zu schicken, war häufig nicht da. Den Grund dafür habe ich bereits genannt. Anders als SAP wird Microsoft von vielen nicht als geschäftskritische Software angesehen, obwohl die Realität völlig anders aussieht. Wir sind als mbuf daher auch bei vielen Anwender-Unternehmen noch gar nicht angekommen. Diese wissen oft gar nicht, dass es uns gibt. Meine Hauptaufgabe als Geschäftsführer wird daher sein, die Wahrnehmung des mbuf in der Öffentlichkeit zu erhöhen und das Wachstum der Organisation voranzutreiben.

INFOMARKT: Was sind Ihre Ziele?

Hemmerling-Böhmer: Wir müssen mindestens doppelt so groß werden.

INFOMARKT: Bis Ende des Jahres?

Hemmerling-Böhmer: Bis Ende des Jahres. Dann wollen wir auf jeden Fall 150 Mitglieder haben – und Ende 2012 mindestens 300.

INFOMARKT: Herr Hemmerling-Böhmer. Wir danken für das Gespräch.